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Bauwelt 5.2024
Beirut

Was erzählt das Zusammenspiel von Bauen und Geld über eine Gesellschaft? Wieviel staatliche Regulierung braucht eine Stadt? Wo verläuft die Grenze zwischen zu wenig und zu viel – auch mit Blick auf die Situation hierzulande, wo nicht nur wegen der Verwerfungen am Kapitalmarkt vielerorts das Bauen eingestellt wird?

Beirut, Hauptstadt des Libanon, liberales Zentrum im Nahen Osten mit glamouröser Vergangenheit, spannungsreicher Geschichte und extremen Ausschlägen. 18 Religionsgemeinschaften sind seit der Staatsgründung 1943 offiziell anerkannt und entsprechend an der Macht beteiligt. Kein Staat hat pro Kopf mehr Flüchtlinge aufgenommen, allein 1,5 Millionen Syrer sowie 500 000 Palästinenser seit den Kriegen in den Nachbarländern. Gleichzeitig leben etwa dreimal so viele Libanesen in der Diaspora wie im Land selbst. Innerlibanesische Machtkonflikte waren meist ein Spiegel der Weltpolitik, vom Kalten Krieg bis heute verbunden mit der (in)direkten Einmischung Frankreichs, der USA, Irans, Israels, Saudi-Arabiens, Syriens oder Russlands.

Nach Ende des 15-jährigen Bürgerkriegs 1990 setzte in Beirut ein Bauboom ein, befeuert durch viel Geld aus dem Ausland, ein ab 2015 zunehmend degeneriertes Bankensystem und geringer staatlicher Regulierung. Gebäude oft als gebaute Geldanlagen, entworfen von den internationalen Stars der Szene, Hochhäuser ohne Höhenbegrenzung, eine Stadt ohne Grenzen. Es war ein Schneeballsystem. Ab 2019 verschärfte sich die Wirtschaftskrise massiv. Die Landeswährung, seit den 1990er Jahren an den Dollar gekoppelt, geriet immer stärker unter Druck, verlor rasant an Wert. Noch 2019 brach der Bankensektor zusammen. Seitdem sind für viele Libanesen ihre Ersparnisse nur noch eine Zahl auf dem Kontoauszug. Bezahlt wird heute wieder in bar und in US-Dollar.

Wie rational ist Geld? Gibt es so etwas wie Moral in der Architektur? Wenn ja, wie verträgt sich das mit einem internationalen Architektursystem, mit dem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, nach Macht?

Bauwelt 5.2024

BEIRUT.
Über Exzesse in der Architektur, Kontrollverlust, Schönheit und Desaster

Fotos: Sergey Ponomarev
Text: Nadin Heinich

Sergey Ponomarev ist ein international tätiger Fotojournalist und Kriegsfotograf. Für die New York Times und Medien wie Paris Match, Volkskrant oder Le Figaro berichtete er unter anderem über den Euromaidan in Kiew, den Krieg im Donbass, dazu die Kriege im Nahen Osten sowie aktuell über den Krieg Israels gegen die Hamas. Seine Fotos sind nie bloße Dokumentation, sondern erfassen das Wesen einer Geschichte, Freude und Leid, Hingabe und Grauen. Ponomarev wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Darunter der Pulitzer-Preis, die Robert Capa Gold Medal sowie drei World Press Photo Awards.

1980 in Moskau geboren, ist Ponomarev gegen die russische Invasion in der Ukraine und hat Russland am 1. März 2022 verlassen.

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