Mit Sarjadje Park wurde diesen September der erste neu geschaffene Park in Moskau seit 1958 eröffnet. Er liegt mitten im Stadtzentrum, unmittelbar neben Kreml, Rotem Platz und Basilius Kathedrale, zwischen der Warwarka Straße und dem Ufer der Moskwa. Geplant wurde er von einem internationalen Konsortium unter Leitung des New Yorker Büros Diller Scofidio + Renfro. In Anbetracht der aktuellen politischen Situation, der Spannungen zwischen Russland und den USA sowie der Krim-Krise, überrascht es vielleicht, dass für ein Projekt in einer derart prominenten Lage ein amerikanisches Büro beauftragt wurde. (…)
Sarjadje Park steht – genauso wie die von 1995 bis 2000 originalgetreu wieder aufgebaute Christ-Erlöser-Kathedrale – für das neue Moskau, in dem alles gleichzeitig zu existieren scheint: die orthodoxe Kirche und eine neu erwachte Verehrung für Stalin, den Zar und die Sowjetunion, gleichzeitig eine vitale Start Up-Szene, getrieben von einer jungen Generation, die, gut vernetzt und im Ausland ausgebildet, zunehmend in gestaltende Positionen kommt. Es passt in dieses Bild, dass der Park plötzlich ganz neue Perspektiven eröffnet. Aus manchen Blickrichtungen erhebt sich der Kreml – in den westlichen Medien meist das Symbol einer bedrohlichen, zumindest undurchsichtigen Macht – hinter dem neu gepflanzten Wald geradeso wie eine pittoresque Kirche irgendwo im Moskauer Umland. Es ist vielleicht fraglich, inwieweit die technische Finesse des Landschaftskonzeptes wirklich notwendig ist, zumal sie bisher nicht überzeugend umgesetzt wurde. Für eine Stadt, in der es bis vor einigen Jahren hochgefährlich war, im Zentrum Fahrrad zu fahren, ist ein Park auf dem teuersten Baugrund des Landes ein radikales Zeichen für eine Neuausrichtung. Für eine Stadtpolitik, die endlich ihre Einwohner in den Mittelpunkt stellt. Gleichzeitig ist eine solche Radikalität nur durch starke zentralistische Machtstrukturen möglich – eine Ambivalenz, der man nicht nur in Russland begegnet.